Bouton

CH 2011, 78 Min., F/d, Regie: Res Balzli, mit Johana Bory, Lukas Larcher, Flavia Ravaud, Trio vocal NØRN, Dokumentarfilm
Bouton

Rezension von Geri Krebs

Die letzten Wochen im Leben der jungen Schauspielerin Johana Bory hat der Berner Res Balzli zu einem tief berührenden wie federleicht schwebenden Dokumentarfilmporträt über die Kraft der Poesie und den unbändigen Willen zum Leben verarbeitet.

In einer der ersten Sequenzen von „Bouton“ sieht man Johana Bory an einer Party, es ist Silvester 2009. Die in Biel lebende, aus Frankreich stammende Künstlerin feiert zusammen mit ihrem Lebenspartner Lukas Larcher unter Freunden den Beginn des Neuen Jahres. Dass es ihr letztes Jahr sein wird, erscheint in jenem Moment unglaublich, denn die Szene zeigt eine strahlende 33-jährige Frau, die mitten im Leben steht.

Puppe als Alter Ego

Johana Bory hat als Schauspielerin und Marionettenspielerin vor zehn Jahren eine Puppe namens „Bouton“ geschaffen, mit der sie als Bauchrednerin bevorzugt vor Kindern auftritt und mit der sie grossen Erfolg hat. In diesen vergangenen Jahren ist die Figur „Bouton“ mit ihrem vorwitzigen Mundwerk zu so etwas wie Johana Borys Alter Ego geworden. „Solange Bouton lebt, kann ich auch nicht sterben“, ist einer der Leitsätze in diesem so poetischen wie herzzerreissenden Dokumentarfilm, in dem der 1952 geborene Res Balzli sein spätes Debüt als Filmautor gibt. Seit den 1980er Jahren hat sich Res Balzli – neben Tätigkeiten als Sozialarbeiter, Wirt und Initiator alternativer Kulturprojekte – immer wieder als Filmproduzent betätigt, unter anderem für Dieter Fahrer, Nicolas Humbert und Werner Penzel. Res Balzli hatte wenige Monate vor jenem Silvesterabend 2009 einen Anruf von Johana Bory, mit der er schon seit Längerem befreundet war, erhalten. Sie habe höchstens noch ein Jahr zu leben, sie habe Brustkrebs, erzählte sie ihm und sagte dann: „Ich möchte in meinem Leben noch in einem Film spielen“.

Res Balzli, der sich in früheren Gesprächen mit Johana Bory auch schon darüber mokiert hatte, dass der Traum jeder Schauspielerin doch der Film sei, erfüllte ihr den Wunsch. Er begleitete die Frau und ihre Puppe mit der Kamera bis zum 12. Februar 2010, es war dabei eine unausgesprochene Vereinbarung, dass er ihren körperlichen Zerfall nicht zeigen würde. Johana Bory starb am 15. März, die letzten Szenen von „Bouton“ zeigen symbolhafte, theatralische Szenen, ohne die freundliche Protagonistin, an deren Präsenz man sich als Zuschauer zuvor so sehr gewöhnt hat, dass ihr Ende umso unbegreiflicher scheint.

Poetisch überhöht gefilmtes Lebensende

Das Thema des gefilmten Lebensendes ist im Schweizer Kinodokumentarfilm seit einigen Jahren keine Tabuzone mehr. Filme wie „Früher oder später“ (2003) von Jürg Neuenschwander, „Exit“ (2005) von Fernand Melgar oder „Zeit des Abschieds“ (2006) von Mehdi Sahedi haben hier Massstäbe gesetzt, haben ohne jeden Anflug von Voyeurismus oder Sensationsgier Menschen während ihrer letzten Lebenswochen begleitet.

„Bouton“ knüpft an derartige Filme an, schafft allerdings eine poetische Überhöhung die den genannten Filmen fehlt. An den Solothurner Filmtagen im Januar, wo „Bouton“ seine Premiere hatte, gab es sowohl bei einem Teil des Publikums wie auch in Kritkerkreisen Vorbehalte gegen die theatralischen, inszenierten Stellen im Film. Sie wären wohl für jede andere Protagonistin tatsächlich unangebracht, doch für das Universum einer grossen Puppenspielerin und Geschichtenerzählerin wie Johana Bory scheinen sie genau jenes Mittel zu sein, um jenen Skandal, den der Tod immer darstellt, adäquat zu vermitteln.

Kritiken

- Marina Bolzli für bernerzeitung.ch Offizielle Webseite Verleiher
- Thomas Allenbach für derbund.ch www.balzli-fahrer.ch Moa Distribution
- Dani Maurer für outnow.ch    
     
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