Les Murs Porteurs
Rezension von Cindy Hertach
Frida Rosenfeld ist dement. Verwirrt streift die fünfundsiebzigjährige Jüdin auf der Suche nach ihrem verstorbenen Mann durch die Innenstadt von Paris. Ihre Kinder Judith und Simon müssen sie deshalb regelmässig in ihrer ehemaligen Wohnung an der Rue Turenne im Marais-Quartier abholen.
Mit der immer schneller voranschreitenden Krankheit ihrer Mutter konfrontiert, beginnen Tochter und Sohn, sich mit ihrer eigenen Biographie auseinanderzusetzen, deren quälendster Teil in der Gegenwart zu liegen scheint: Judith, geschieden und frustriert, hat Mühe, ihren erwachsenen Sohn loszulassen.
Auch nach dessen Auszug kann sie es nicht lassen, ihn ständig in seiner neuen Wohnung zu bemuttern. Ihr jüngerer Bruder Simon dagegen, ein erfolgreicher Autor, müht sich als unmotivierter Wochendvater mit der Erziehung seiner immer unzugänglicheren Teenager-Tochter ab.
So durchziehen eine ganze Reihe von dysfunktionalen Beziehungen den Familien-Clan und erst als sich der Gesundheitszustand von Grossmutter Frida rapide verschlechtert, entsteht nach und nach die Bereitschaft, familiäre Probleme offen zu legen und sich auf die gemeinsamen Wurzeln zu besinnen.
Eine tiefe Melancholie durchzieht das solide und ruhig inszenierte Drama des jungen Franzosen Cyril Gelblat. Souverän verwebt dieser Vergangenheit und Gegenwart zu einem komplexen und streckenweise leider etwas allzu schwermütig geratenen Porträt einer jüdischen Pariser Familie, deren Freuden und Leiden ihrer verwandtschaftlichen Bande sich möglicherweise auf alle Familien dieser Welt übertragen lassen.
(Cindy Hertach)
Kritiken
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