Mother Mara

RS/CH/LU/BA/ME/SI 2024, OV/df, 96', Regie: Mirjana Karanovic, mit Mirjana Karanović, Vučić Perović, Boris Isakovic
Mother Mara

Filmkritik von Walter Gasperi

Mirjana Karanović zeichnet in ihrem dichten Drama ein bewegendes Porträt einer Mutter, die nach dem Tod ihres Sohnes erst in der Affäre mit einem deutlich jüngeren Bekannten des Verstorbenen wieder Halt und Lebensmut findet.

Die 1957 geborene Serbin Mirjana Karanović wurde als Schauspielerin mit Rollen in Emir Kusturicas "Papa ist auf Dienstreise" (1985), "Underground" und "Das Leben ist ein Wunder" (2004) bekannt und drückte auch Jasmila Žbanićs Berlinale-Sieger "Grbavica - Esmas Geheimnis" (2006) und Andrea Stakas Locarno-Sieger "Das Fräulein" (2007) den Stempel auf.

Andrea Staka hat nun auch Karanovićs nach "Dobra žena - A Good Wife" (2016) zweite Regiearbeit koproduziert. Der Titel "Mother Mara" macht schon deutlich, dass die erfolgreiche Belgrader Anwältin Mara sich ganz über ihre Mutterrolle definiert. Was passiert aber, wenn der 20-jährige Sohn, den sie nach der Trennung von ihrem Mann allein groß gezogen hat, überraschend stirbt?

Schon die lange statische Totale vom Begräbnis, mit der "Mother Mara" einsetzt, und der anfängliche Verzicht auf Filmmusik vermitteln die Erstarrung der Titelfigur. Langsam ziehen die Trauernden mit dem Sarg von der Leichenhalle zum Grab. Der graue Betonboden wird quasi im grauen Himmel gespiegelt, sodass die Farben die bedrückende Stimmung verstärken.

Während die Großmutter weint und laut klagt, dass doch eigentlich sie vor ihrem Enkel hätte sterben müssen, und auch Verwandte in Tränen ausbrechen, bleibt Mara auch bei der folgenden Leichenfeier, die Karanović zunächst in einer langen statischen Rückenansicht der Protagonistin filmt, gefasst, wirkt wie versteinert und kann weder über den Verstorbenen sprechen noch weinen.

Statt in ihrer modernen Designer-Villa zu trauern, fährt sie am nächsten Tag mit ihrem großen SUV sofort wieder zur Arbeit. Nur darin scheint sie Halt zu finden, Gefühle will sie dagegen nicht zulassen. Bewegung kommt aber in ihr Leben, als sie einen geschäftlichen Auftrag des jungen Fitnesstrainers Milan übernehmen soll, der ein Bekannter ihres Sohnes war.

Aus der beruflichen Beziehung wird rasch eine private, denn Mara glaubt über Milan ihrem Sohn nahe sein und in dessen Leben eintauchen zu können. So besucht sie mit Milan den Club, in dem auch ihr Sohn verkehrte, gleichzeitig wird schließlich auch klar, dass Milan den Kontakt mit Mara aufgrund seiner Erfahrungen mit dem Verstorbenen suchte.

Dauer kann diese Beziehung nicht haben, doch man spürt, wenn die Kamera in den leidenschaftlichen Szenen bewegter wird, nah an den Menschen ist und auch vermehrt Musik eingesetzt wird, wie Maras emotionaler Panzer langsam zerbricht. Ziemlich ungewöhnlich ist, wie hier Schmerz über den Verlust und Sexualität verbunden werden, aber plausibel ist, wie bei Mara durch die intensive körperliche Beziehung lange verdrängte Sehnsüchte wieder durchbrechen und sie auch zu trauern lernt.
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