Confidente

Filmkritik von Walter Gasperi
Fokussiert auf die Telefonate einer Mitarbeiterin eines Erotik-Callcenter in einem Vorort von Ankara zeichnen Guillaume Giovanetti und Çağla Zencirci nicht nur ein eindrückliches Bild der misogynen und korrupten türkischen Männergesellschaft, sondern feiern auch die Widerstandskraft einer starken Frau.
Mit dem Insert "1999 in einem Vorort von Ankara" wird die Handlung des vierten gemeinsamen Spielfilms von Guillaume Giovanetti und Çağla Zencirci zeitlich und örtlich genau verankert. Hintergrund für die Handlung bildet so das große Erdbeben im August 1999, das vor allem in Istanbul schwere Schäden anrichtete und bei dem die Rettungsmaßnahmen der staatlichen Institutionen lange auf sich warten ließen.
Bevor in "Confidente" die Bilder einsetzen, hört man schon Stimmen. Unter Stress stehen die Mitarbeiterinnen eines Erotik-Callcenters, müssen sie doch immer freundlich bleiben und auf die Wünsche der Kunden eingehen. Mal geht es dabei heftig zur Sache, mal muss sich die 40-jährige Sabiha (Saadet Işıl Aksoy), die sich in ihrem Job Arzu nennt, "nur" die Sorgen der Anrufer anhören. Immer macht sie dabei Notizen über ihre Kunden, zu denen angesehene Männer ebenso wie Jugendliche gehören, kann sie so doch bei einem weiteren Anruf besser auf sie reagieren.
Hautnah ist die Kamera von Eric Devin am Gesicht der von Saadet Işıl Aksoy intensiv gespielten Protagonistin. Großaufnahmen dominieren und erst ganz am Ende wird der Film das Erotik-Callcenter verlassen. Wie Gustav Möller in seinem in einer Polizei-Notrufzentrale spielenden "The Guilty" (2018) erzeugen auch Giovanetti und Zencirci durch diese Nähe und das Erzählen in Echtzeit große Unmittelbarkeit und Dichte. Verstärkt wird der quasidokumentarische Anstrich durch den Verzicht auf Filmmusik.
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